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Sulzbacher Augenmediziner erhält Förderpreis der Freifrau-von-Nauendorf-Stiftung

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(v.l.:) Dr. Lars Frisch (Stiftungsvorstand der Freifrau-von-Nauendorf-Stiftung), Preisträger PD Dr. Boris Stanzel (Augenklinik Sulzbach), Dr. Kaschlin Butt (Leiterin des Gesundheitsamts Wiesbaden) - ins Bild klicken zum Runterladen.


Wiesbaden / Sulzbach (Saar), 18.12.2019. Priv. Doz. Dr. Boris Stanzel, Augenarzt und Stammzell-Forscher an der Augenklinik Sulzbach, hat den mit 10.000 Euro dotierten Förderpreis der Freifrau-von-Nauendorf-Stiftung in Wiesbaden erhalten. Die Jury der Stiftung würdigt damit die Arbeit des Preisträgers auf dem Gebiet der altersbedingten Makuladegeneration (AMD), einer weit verbreiteten Netzhauterkrankung, gegen die Stanzel eine neuartige Zelltherapie entwickeln möchte. Der Mediziner will das Preisgeld in seine Forschung investieren.

Volkskrankheit AMD

„Die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD genannt, gehört zu den Hauptursachen für Erblindungen in den Industrieländern“, sagt Boris Stanzel. Alleine in Deutschland seien sieben Millionen Menschen betroffen. Gegen die häufigste Form der Makuladegeneration, die sogenannte trockene AMD, gibt es bis heute kein Heilmittel. Die Sulzbacher Studie unter Leitung von Dr. Stanzel will das ändern.
AMD führt zu einem Zerfall der Netzhaut, ausgerechnet an der Stelle des schärfsten Sehen, der Makula. Mit dem Fortschreiten dieser lebensverändernden Erkrankung werden Lesen, Autofahren und weitere Dinge des täglichen Lebens irgendwann unmöglich. Während die sogenannte feuchte Form der AMD behandelbar ist, gilt die weitaus häufigere trockene Form bisher als nicht therapierbar.
Mit genau dieser häufigsten AMD-Form beschäftigt sich nun die Sulzbacher Studie unter Leitung von Boris Stanzel. Er erforscht die Machbarkeit einer Zelltherapie. Würde die Studie tatsächlich später zu einer Behandlungsmöglichkeit führen, würde dies neue Hoffnung für viele Millionen betroffener Patienten bedeuten. Auch Prof. Dr. Peter Szurman, Chefarzt der Augenklinik Sulzbach, sieht in der Forschungsarbeit eine große Chance: „Der Förderpreis bedeutet für uns die Würdigung einer ebenso innovativen wie vielversprechenden Forschungsarbeit. Durch die einzigartige Zusammenarbeit von führenden Experten für Makuladegeneration, Netzhautchirurgie und Stammzellbiologie messe ich dieser Studie eine große Bedeutung für die Zukunft der Augenheilkunde zu.“

Bis dahin bleibt noch einiges zu tun. Daher stellt Stanzel angesichts vieler Patientenanfragen klar: „Es handelt sich noch um eine frühe Studie. Wir bieten heute noch keine Stammzell-Therapie an sondern erforschen erst mal die Machbarkeit einer solchen.“

Einzigartige Kooperation am Standort Sulzbach

Nach Forschungsaufenthalten in den USA, Österreich und Singapur leitet der 43-jährige Preisträger PD Dr. Boris Stanzel heute sowohl das Makulazentrum der Augenklinik Sulzbach (Träger: Knappschaftsklinikum Saar) als auch eine Forschungsgruppe in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT in Sulzbach. Dessen Standortleiter Prof. Dr. Hagen von Briesen freut sich daher ebenso über den Förderpreis. „In unserer Zusammenarbeit mit Dr. Stanzel, der Augenklinik Sulzbach und deren Chefarzt Prof. Szurman sehe ich einen wichtigen Puzzlestein auf dem Weg, die AMD besser zu verstehen und zukünftig zu bekämpfen“, so Prof. von Briesen. Und verrät dabei noch einen ganz persönlichen Bezug zur Freifrau-von-Nauendorf-Stiftung, von dem bisher selbst die Stiftung nichts wusste: „Ich lernte die Gründerin als Kind kennen - sie war die beste Freundin meiner Großmutter.“

Details zur Studie

Die geplante Zelltherapie setzt bei den Ursachen der AMD an. Dr. Stanzel: „Wir konzentrieren uns auf die Ernährungsschicht der Netzhaut, RPE genannt. Bei trockener AMD geht diese Schicht zugrunde. In Folge sterben die Sehzellen. Wir wollen die kranke Nährschicht durch frische, gesunde Stammzellen ersetzen. Eine Art Jungbrunnen für die Makula.“ Dabei verwendet seine Forschungsgruppe eine innovative Technik: Aus sogenannten iPS-Zellen, die ethisch unbedenklich z.B. aus Blutspenden extrahiert werden, gewinnen die Forscher frische RPE-Zellen. Diese neuen Zellen sollen defekte Stellen in der Netzhaut ersetzen. Bis es allerdings für AMD-Patienten soweit ist, sind noch zahlreiche Vorarbeiten nötig. Momentan läuft eine Beobachtungsstudie, um die Machbarkeit der Zelltherapie zu testen. Hierfür stehen bereits 140 ausgewählte AMD-Patienten zur Verfügung.
Die Zukunftspläne sehen danach mehrere Schritte vor. „Im ersten Schritt spritzen wir Stammzellen unter die Netzhaut. Dort sollen sie die kranken Zellen der Nährschicht ersetzen“, erklärt Stanzel. „Unsere Ziel-Therapie ist eine funktionalisierte Trägermatrix mit RPE-Zellen, die unter die Netzhaut implantiert wird. Das können Sie sich wie eine Art Rollrasen vorstellen, der eine verwelkte Stelle erneuert.“ Das ist alles noch Zukunftsmusik. Doch Stanzel ist optimistisch: „Ich hoffe, in zwei bis drei Jahren werden wir die ersten Patienten behandeln.“
Stanzel will das Preisgeld in seine weitere Forschung investieren. „Wir finanzieren damit die genetische Charakterisierung der ersten 20 Prozent unserer Studienteilnehmer.“ Mit der Analyse des Immunstatus und der genetischen Besonderheiten seiner Studienpatienten können weitere Erkenntnisse aus der Studie gewonnen werden. „Diese Daten sind nicht nur wichtig für unsere Zelltherapie-Studie, sie können auch für andere Forschungsprojekte interessant sein, etwa für Medikamentenstudien.“ Mehr zur Studie 


Hintergrund: Freifrau-von-Nauendorf-Stiftung

Der Freifrau-von-Nauendorf-Förderpreis dient der Forschung, Diagnostik und Therapie von Netzhauterkrankungen, insbesondere der Altersbedingten Makuladegeneration AMD. Der Preis wird regelmäßig durch die Freifrau-von-Nauendorf-Stiftung in Wiesbaden ausgeschrieben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Freifrau Anneliese von Nauendorf war selbst an fortgeschrittener AMD erkrankt. „Sie hat sich trotz ihrer Augenerkrankung den Lebensmut nicht nehmen lassen und ließ sich auch nicht davon abhalten, aktiv am Leben teilzunehmen,“ betont Stiftungsvorstand Dr. Lars Frisch, selbst Augenarzt. „Sie reiste viel und darf als Vorbild für den positiven Umgang mit einer Sehschwäche gelten.“ 2001 gründete die mittlerweile verstorbene Freifrau ihre gleichnamige Stiftung und brachte eine Million D-Mark als Stiftungskapital ein.


Hintergrundinfo: Augenklinik Sulzbach

Die Augenklinik Sulzbach ist mit weit über 2000 großen Netzhaut-OPs im Jahr Deutschlands größtes Zentrum für Netzhautchirurgie. Das Makulazentrum gehört mit jährlich 11.000 Behandlungen zu den bedeutendsten AMD-Zentren. Chefarzt Prof. Dr. Peter Szurman gilt als international bekannter Spezialist für subretinale Chirurgie (Operationen unter der Netzhaut). Daher gehört Sulzbach zu den ganz wenigen Zentren, die eine chirurgische Behandlung bestimmter AMD-Formen durchführen.

Die Augenklinik Sulzbach unterhält mehrere Forschergruppen samt Reinraum-Labor, Entwicklungspartnerschaften mit Medizintechnik-Firmen, ein klinisches Studienzentrum und eine Forschungskooperation mit dem benachbarten Fraunhofer IBMT, spezialisiert auf die Kultivierung und Konservierung von Stammzellen.

Boris Stanzel: „Alles zusammen ideale Voraussetzungen für die Entwicklung eines Zelltherapeutikums gegen trockene AMD.“

Link zur Stammzell-Studie auf der Website der Augenklinik Sulzbach

Erst im Herbst hat die ARD über die Sulzbacher Forschung berichtet:

TV-Reportage des Senders 3sat (ab Minute 19:45)


Peter Böhnel
Peter Böhnel
Leiter Unternehmenskommunikation

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